THREADING LINES
with Annette Cords
Vernissage: 25. August 2023 / 18:00
Duration: 25. August – 11. November 2023
Kang Contemporary
Lindenstraße 90 I Mendelssohnplatz
10969 Berlin – Germany
+49 (0)30 920 322 39
OPENING HOURS
TUE–SAT 14:00 – 18.00
or by appointment
https://www.kang-contemporary.com/
EN
In the architecture of textiles, colors bend as threads overlay and weave into each other. Tightened fibers define sculptural spaces and sensations of the eye conjoin with the anticipation of touch. Each texture promises a different tension. A singular thread, laced tightly like the violin’s string, cuts through space with sharpness, defining a new chasm within. It marks a boundary that, despite the fragility of the string, seems impossible to cross.
Kang Contemporary is pleased to present the artworks of Jeongmoon Choi and Annette Cords in the exhibition THREADING LINES. Throughout their careers, both artists have defined unique ways of approaching materiality and techniques and offer significant contributions to the world of art. Putting these two artists into a dialogue showcases the vast material capacity of textiles and strings. The medium is explored in corresponding and yet dissimilar ways, resulting in artworks that evoke distinctly variant impressions. While Jeongmoon Choi’s “Drawings in Space “ creates compositions that emphasize singular strings, Annette Cords‘ woven arrangements amplify the composite potential of woven thread. Stretched and woven and yarn is often perceived as a traditionally manual medium. Nevertheless, through the works of both artists, it reveals itself as deeply intertwined with technology and the digital. Seemingly opposing processes of the virtual and the tactile world modify and enhance the other. Thread in this context is sensitized as a part of a collective, one fiber of code composed into a more extensive program in which each singular piece modifies, supports and impedes the structure and weave of the whole.
Like a spider spins a network of strings, the artist Jeongmoon Choi composes installations that oscillate between the fragility of a singular yarn and the beaming force of the collective composition. Sometimes, these installations span across entire rooms. Other times, they are confined in wooden frames that, through their vigorously confined dimensions, intensify the artist’s interrogation of materiality, line and perception. They emulate contradictory sensations and are simultaneously vulnerable and strong, delicate and secure. With meticulous precision, Jeongmoon Choi constructs her worlds that partition space into vibrating subdivisions. Similar to the spider’s body crossing through a space and mapping out her web, we can imagine the artist moving, guiding and securing strings to construct exceptional architectures. Despite the digital pre-construction of the artworks in virtual models, the building process is deeply analog and dependent on the artist’s precision and feel for the material and space. Through repetitive movements Choi begins a meditative performance that is continued by the viewer, who, encouraged by the evenly vibrating and blurred strings, enters a similarly meditative state. Artists and visitors enter a communal experience as the observers‘ eyes imagine and trace the artist’s choreography.
The even rigidity of the strings and the redundant precision of tensions and spaces suggests a robotic or manufactured creation. Similarly, the sequences of strings within the frames often translate into barcodes or chemical symbols. Finally, Choi’s analog compositions are transformed into modes of communication only decipherable in a digitalized world. Hence these analog artworks extend into the digital, the physical into the virtual. The artworks playfully challenge limits of perception and readability. Lines and layers of strings merge into one collective conformation posing illusions to the viewer. Attempt to discern the singular elements and series of strings becomes disorienting as the eye jumps between dimensions. Even though, after some time, it may be possible to recognize clear lines in the scintillating formations, Choi’s artworks transcend the tangible and tactile and remain seducing in their irritating ambiguity. [..]
TEXT: Paula Böke
DE
In der Materie der Textilien vermischen sich die Farben, während sich die Fäden überlagern und ineinander verweben. Gespannte Fasern definieren skulpturale Räume, und die Empfindungen des Auges verbinden sich mit der Vorfreude auf die Berührung. Jede Textur verspricht eine andere Haptik. Ein einzelner Faden, eng geschnürt wie die Saite einer Geige, durchschneidet den Raum mit Schärfe und definiert eine neue Kluft im Inneren. Er markiert eine Grenze, die trotz der Fragilität der Saite unmöglich zu überschreiten scheint.
Kang Contemporary freut sich, die Kunstwerke von Jeongmoon Choi und Annette Cords in der Ausstellung THREADING LINES zu präsentieren. Beide Künstlerinnen haben im Laufe ihrer Karriere einzigartige Wege der Annäherung an Materialität und Techniken definiert und leisten bedeutende Beiträge zur Kunstwelt. Der Dialog zwischen diesen beiden Künstlerinnen zeigt das enorme materielle Repertoire von Textilien und Schnüren. Das Medium wird auf korrespondierende und doch unterschiedliche Weise erforscht, was zu Kunstwerken führt, die trotz ihrer Kongruenz deutlich unterschiedliche Eindrücke hervorrufen. Während Jeongmoon Chois „Drawings in Space“ Kompositionen schaffen, die einzelne Fäden in den Vordergrund stellen, verstärken Annette Cords‘ gewebte Arrangements das zusammengesetzte Potenzial des gewebten Fadens. Gespanntes und gewebtes Garn wird oft als ein traditionell manuelles Medium wahrgenommen. In den Arbeiten beider Künstlerinnen zeigt sich jedoch, dass es eng mit der Technologie und dem Digitalen in Kontakt steht. Scheinbar gegensätzliche Prozesse der virtuellen und der taktilen Welt verändern und unterstützen sich gegenseitig. Der Faden wird in diesem Zusammenhang als Teil eines Kollektivs wahrgenommen, als eine Faser eines Codes, der sich zu einem umfassenderen Programm ausbildet, in dem jedes einzelne Stück die Struktur und das Gewebe des Ganzen verändert, unterstützt und zugleich behindert.
Wie eine Spinne, die ein Netz aus Fäden spinnt, komponiert die Künstlerin Jeongmoon Choi Installationen, die zwischen der Zerbrechlichkeit eines einzelnen Fadens und der Strahlkraft einer kollektiven Komposition oszillieren. Manchmal erstrecken sich diese Installationen über ganze Räume. Ein anderes Mal sind sie in Holzrahmen eingeschlossen, die durch ihre stark begrenzten Dimensionen die Befragung von Materialität, Linie und Wahrnehmung durch die Künstlerin intensivieren. Sie ahmen widersprüchliche Empfindungen nach und sind gleichzeitig verletzlich und stark, zart und sicher. Mit akribischer Präzision konstruiert Jeongmoon Choi ihre Welten, die den Raum in vibrierende Kompartimente aufteilen. Ähnlich wie der Körper einer Spinne, die einen Raum durchquert und ihr Netz entwirft, können wir uns vorstellen, wie die Künstlerin Fäden bewegt, führt und befestigt, um außergewöhnliche textile Architekturen zu konstruieren. Trotz der digitalen Vorkonstruktion der Kunstwerke in virtuellen Modellen ist der Bauprozess zutiefst analog und abhängig von der Präzision und dem Gespür der Künstlerin für das Material und den Raum. Durch sich wiederholende Bewegungen beginnt Choi eine meditative Performance, die vom Betrachtenden fortgesetzt wird, der, angeregt durch die gleichmäßig schwingenden und verschwimmenden Saiten, in einen ähnlich meditativen Zustand gerät. Künstlerin und Besuchende treten in eine gemeinschaftliche Erfahrung ein, während die Augen des Betrachtenden die Choreografie der Künstlerin imaginieren und nachzeichnen.
Die gleichmäßige Starrheit der Saiten und die redundante Präzision der Spannungen und Abstände suggerieren eine maschinelle oder künstliche Kreation. In ähnlicher Weise lassen sich die Sequenzen der Fäden innerhalb der Rahmen oft in Strichcodes oder chemische Symbole übersetzen. Schließlich verwandeln sich Chois analoge Kompositionen in Kommunikationsformen, die nur in einer digitalisierten Welt entzifferbar sind. Diese analogen Kunstwerke reichen also ins Digitale, das Physische ins Virtuelle. Die Kunstwerke fordern spielerisch die Grenzen der Wahrnehmung und Lesbarkeit heraus. Linien und Schichten von Fäden verschmelzen zu einer kollektiven Form, die den Betrachtenden vor Illusionen stellt. Der Versuch, die einzelnen Elemente und Reihen von Fäden zu erkennen, wird desorientierend, wenn das Auge zwischen den Dimensionen springt. Auch wenn es nach einiger Zeit möglich sein mag, in den schillernden Formationen klare Linien zu erkennen, gehen Chois Kunstwerke über das Greifbare und Taktile hinaus und bleiben in ihrer irritierenden Mehrdeutigkeit verführerisch. [..]
TEXT: Paula Böke